Frühkindliche Reflexe und ihr Einfluss auf Lern- und Verhaltensauffälligkeiten

Ein Reflex ist eine nicht steuerbare Muskelreaktion auf einen Reiz. Frühkindliche Reflexe entstehen in einer genauen zeitlichen Reihenfolge und sichern zu Beginn des Lebens unser Überleben. Sie sind während der Schwangerschaft, der Geburt und vor allem im ersten Lebensjahr der Antrieb unserer Entwicklung.

 

Wie ein interner persönlicher Trainer sorgen sie für die motorische Entwicklung und damit nach der Geburt für den Aufrichtungsprozess des Kindes. So werden wir von einem hilflosen Neugeborenen zu einem aktiven Kleinkind. Wir lernen, aufrecht zu stehen, zu gehen, den schweren Kopf zu tragen und gut auszubalancieren und uns in alle Richtungen frei zu bewegen.

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Direkt verbunden mit der motorischen Entwicklung ist auch die Entwicklung des Gehirns und des Nervensystems. Die automatischen Reflexbewegungen verbinden die verschiedenen Gehirnareale.
Das ist notwendig, damit wir alle Funktionen unseres Hirns voll nutzen können. Das sind zum Beispiel die Koordination der Motorik, Steuerung und Hemmung von Aktivität, Impulskontrolle, Konzentrations-fähigkeit und Ausdauer. Ausschlaggebend ist dabei die Anzahl und Qualität der dabei entstehenden Nervenverbindungen. Sind diese gut entwickelt, spricht man von neuronaler Reife.

Somit sind die Bewegungsmuster der frühkindlichen Reflexe der Schlüssel zur neuronalen Schulreife und damit die notwendige Grundlage für Lernen und Verhalten.

Konnten diese Bewegungsmuster durch den internen persönlichen Trainer nicht plangemäß ausgeführt werden, bleiben reflexartige Restmuskelbewegungen aktiv.

Dies kann zu Entwicklungsverzögerungen und damit verbundenen Problemen beim Kind oder Jugendlichen führen. Dazu gehören unter anderem:

  • Fehlendes flüssiges Lesen, Schreiben und Rechnen
  • Unkonzentriertheit
  • Körperliche Unruhe
  • Schlechte Körperkoordination
  • Fein- und / oder grobmotorische Schwächen.

Fortbestehen frühkindlicher Reflexe

Haben die frühkindlichen Reflexe ihren Sinn und Zweck erfüllt, treten sie im Laufe der ersten Lebensjahre in den Hintergrund, mit der Folge, dass willkürliche, koordinierte Bewegungen möglich sind. Die primitiven frühkindlichen Reflexe müssen sich also zunächst entwickeln und dann integrieren bzw. zurückbilden. Unwillkürliche Bewegungsmuster müssen den willkürlichen Bewegungen weichen.

Wenn frühkindliche Reflexbewegungen noch ganz oder teilweise aktiv sind, können sie jederzeit ausgelöst werden und verursachen meist Rest-Muskelreaktionen, die unwillentlich geschehen. 

Der Körper versucht nun, diese Reflexe willentlich unter Kontrolle zu halten, was nur unter großer Anstrengung möglich ist und viel Energie kostet. In der Folge können unter anderem Lernstörungen, Konzentrationsprobleme, Hyperaktivität, fehlende Impulskontrolle, Buchstaben verdrehen sowie Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten auftreten.

Spätestens nach der Einschulung fallen diese Kinder auf, da sie Schwierigkeiten haben, dem normalen Schulalltag zu folgen und werden oft mit der Diagnose AD(H)S und/oder Legasthenie belegt. 

Warum bilden sich manche frühkindliche Reflexe entwicklungsbedingt nicht zurück?

Erfolgen zu wenig, durch frühkindliche Reflexe ausgelöste Impulse, findet keine ausreichende Stimulation über die Nervenbahnen statt und die einzelnen Gehirnareale werden nicht genügend vernetzt.

Dies verhindert, dass der frühkindliche Reflex nach der Gehirnreifung vollkommen durch willentliche Bewegungen des Kindes ersetzt wird, was zu Lern- und Verhaltensauffälligkeiten führt. 

Mögliche Gründe für eine mangelnde Stimulation können sein:

> Lange Bettlägerigkeit der Mutter während der Schwangerschaft

> Sorgen und Stress während der Schwangerschaft

> Komplizierte Geburtsverläufe (Kaiserschnitt, Sturz-, Glockengeburten usw.)

> Bewegungsmangel des Kindes (z.B. durch Krankheit, zu langes Sitzen in Babyschale)

> Überspringen des Krabbelstadiums

Die gute Nachricht:

Reflexintegration ist eine wirksame Methode, um diese Entwicklungsverzögerungen nachzuholen und noch vorhandene Reflexe nachträglich zu integrieren.

Durch die moderne Hirnforschung wissen wir heute, das unser Gehirn neuroplastisch ist, d.h. in jedem Alter in der Lage ist, neue Nervenverknüpfungen zu bilden bzw. verletzte Nervenverknüpfungen, wie z.B. nach einem Schlaganfall, wieder aufzubauen. Genau hier setzt die Reflexintegration an, indem Nervenverbindungen aufgebaut und somit Entwicklungsverzögerungen aufgeholt werden.

 

Quellen: Sieber & Paasch Institut